Gastbeitrag:Leben Sie auch in Scheidung, weil die Zwangsvollstreckung droht?

Inhaltsverzeichnis:

  1. Streitphase – der Entschluss zur Trennung reift
  2. unmittelbare Trennungsphase
  3. die Regelungsphase bis zum Ablauf des Trennungsjahres
  4. Verfahrensphase, beginnend mit Einreichung der Scheidung
  5. Gewöhnungsphase während des Scheidungsverfahrens

Oder droht die Zwangsvollstreckung, weil Sie sich scheiden lassen? Dann sollten Sie lesen, welche emotionalen Auswirkungen jede Phase der Scheidung hat und wie Sie die teuersten Fehler vermeiden können.

 

  1. Streitphase – der Entschluss zur Trennung reift

In dieser Phase ist die Gefühlslage oft äußerst unübersichtlich und schwankt zwischen Wut, Enttäuschung, Verzweiflung und Hoffnung. Immer häufiger kommt es zum Ehekrach und immer seltener wird versucht, in einem friedlichen klärenden Gespräch Probleme anzugehen. Irgendwann wächst die Erkenntnis, dass die Trennung unausweichlich ist, um das Leben wieder auszuhalten.

 

Von Mandanten höre ich immer wieder, dass dem Partner der Entschluss zur Trennung bereits mehrfach mitgeteilt wurde. Dennoch gibt es immer wieder Fälle, in denen der Ehepartner völlig überrascht bis schockiert reagiert, weil er entgegen der Annahme des Mandanten noch nicht einmal ansatzweise auf die Idee gekommen ist, dass eine Scheidung bevorstehen könnte. Erfahrungsgemäß wird das Getrenntleben von dem Partner besser emotional verkraftet, der letztlich dem anderen gegenüber die Trennung ausspricht, weil dieser sich bereits längere Zeit mit dem Gedanken auseinandergesetzt und dadurch die „innere Trennung“ bereits vollzogen hat.

 

Achten Sie darauf, sämtliche wichtigen Originalunterlagen wie Eheurkunde, Geburtsurkunde, Zeugnisse, Versicherungsverträge, Rentennachweise und Verträge, z. Bsp. zu Ratenzahlungsverpflichtungen, bereitzuhalten, damit diese bei einem Auszug aus der Ehewohnung nicht zurückgelassen werden. Denn Sie müssen im Zweifel damit rechnen, dass Sie an diese Unterlagen nicht mehr herankommen. Rein vorsorglich sollten Sie auch Kopien von unterhaltsrechtlich relevanten Unterlagen des Ehepartners (Einkommensnachweise), von Kontoauszügen des gemeinsamen Kontos und sämtlichen Konten, Wertpapierdepots und Lebensversicherungen des Partners fertigen, damit Sie deren Existenz bei einem etwaigen Streit zum Zugewinn nachweisen können.

Denken Sie bitte auch an Nachweise über den Stand Ihrer eigenen Geldanlagen zum Zeitpunkt der Eheschließung, damit Sie Ihr Anfangsvermögen nachweisen können. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt kann eine anwaltliche Beratung zu den finanziellen Auswirkungen von Trennung und Scheidung sehr sinnvoll sein, um die richtigen Dispositionen zu treffen.

 

  1. unmittelbare Trennungsphase

 

Die Zeit kurz nach der Trennung ist emotional oft sehr aufgeladen, da die seelischen Verletzungen durch emotionale Vernachlässigung, fremdgehen oder gar Gewalttätigkeiten während der Streitphase noch sehr frisch sind. Dies drückt sich leider teilweise darin aus, dass versucht wird, den Kontakt des Partners zu den Kindern zu unterbinden oder dass man seine Wut dadurch kanalisieren will, dass man sich gegenseitig schädigt, koste es was es wolle. Erst sehr viel später begreift man, dass man sich damit heftig ins eigene Fleisch schneiden kann und dass man die Kinder emotional zerstört, obwohl man sie doch liebt.

 

Rechtlich ist es zwar zulässig, die Trennung innerhalb der Ehewohnung dadurch zu vollziehen, dass jeder ein Zimmer allein bewohnt und Bad und Küche von beiden zu unterschiedlichen Zeiten genutzt werden. Für den Scheidungsrichter ist nur wichtig, dass man keinen Verkehr mehr miteinander hat und gegenseitig keinerlei Versorgungsleistungen mehr erbringt (für den andern also nicht mehr kocht, wäscht, putzt, für diesen keine Einkäufe mehr tätigt und sich ein eigenes Bankkonto einrichtet). Emotional gesehen ist eine Trennung innerhalb der Ehewohnung längerfristig kaum zu ertragen, so dass es schon unter diesem Gesichtspunkt sinnvoll ist, sich frühzeitig um die Wohnungssuche zu kümmern.

Vergessen Sie auch nicht, sich die Entlassung aus dem Mietverhältnis für die Ehewohnung und Fortsetzung durch den anderen Partner allein vom Vermieter schriftlich bestätigen zu lassen. Sonst haften Sie gegenüber dem Vermieter weiterhin für die Mietschulden des in der Wohnung verbliebenen Exgatten, selbst wenn Sie schon lange ausgezogen sind.

 

Lassen Sie sich außerdem vom Partner das Trennungsdatum schriftlich bestätigen. Streitigkeiten darüber können nämlich unangenehm und teuer werden.

 

Beim Auszug wird faktisch die Hausratsteilung vorgenommen, auch wenn die endgültige rechtliche Zuordnung erst mit Rechtskraft der Scheidung feststeht. Dabei erhält jeder das, was er mit in die Ehe gebracht hat und im Rahmen einer gegenständlichen Teilung die Hälfte der während der Ehe gemeinsam angeschafften Gegenstände, wobei das Kinderzimmer demjenigen zusteht, in dessen Haushalt die Kinder ihren Lebensmittelpunkt haben. Es ist also nicht zulässig, mit dem Möbelwagen vorzufahren und den kompletten Hausstand mitzunehmen. Falls der Partner erklärt, dass er vom Hausrat nichts haben will, dann sollte man sich dies dringend schriftlich bestätigen lassen, damit man später einen Nachweis hat. Denn es ist manchmal erstaunlich, wie schnell sich die Meinung ändern kann und ein Rechtsstreit über die Hausratsteilung bringt normalerweise nichts außer Kosten und Frust, weil Beweise selten vorhanden sind.

 

Kindesunterhalt und Trennungsunterhalt müssen zeitnah geltend gemacht werden. Da ein Zahlungsanspruch erst mit Zustellung der Unterhaltsaufforderung und Inverzugsetzung besteht, sollte man sich sofort darum kümmern. Minderjährige Kinder haben nicht nur einen Anspruch auf Auskunftserteilung und Unterhaltszahlung, sondern auch auf Titulierung, damit der Unterhaltsanspruch notfalls vollstreckt werden kann. Mit Unterstützung des zuständigen Jugendamtes ist die Erstellung eines Unterhaltstitels kostenlos möglich.

 

Gleichzeitig entsteht auch der Anspruch auf Trennungsunterhalt, wenn der getrennt lebende Ehepartner seinen Bedarf nicht aus eigenem Einkommen decken kann. Für den Trennungsunterhalt gelten noch erleichterte Voraussetzungen (Lebensstandardgarantie, aber auch Anrechnung von Zinsen und Tilgung bei Krediten).

Neben der Geltendmachung von Trennungsunterhalt sollte sich der Unterhaltsberechtigte gleichzeitig um Wiederaufnahme oder Ausbau seiner Erwerbstätigkeit kümmern, da es nach dem neuen Unterhaltsrecht grundsätzlich keine lebenslange Zahlungsverpflichtung mehr gibt. Es empfiehlt sich, zu Nachweiszwecken sämtliche Bewerbungsschreiben in Kopie und die zugehörigen Ablehnungen sorgfältig aufzubewahren. Nur dann kann am Ende des Trennungsjahres nachgewiesen werden, dass es trotz umfänglicher Bemühungen nicht möglich war, eine Arbeitsstelle zu finden. Denn nach Ablauf des Trennungsjahres greift die Eigenverantwortlichkeit und kann bereits zu einer Reduzierung des Trennungsunterhaltes führen, wenn entsprechende Erwerbsbemühungen nicht nachgewiesen werden können.

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Soweit sind wir aber noch nicht, denn vorher kommt

 

  1. die Regelungsphase bis zum Ablauf des Trennungsjahres

 

In dieser Phase setzt die Gewöhnung an die neue Situation ein und langsam kommt auch die Vernunft wieder zum Zuge. Es wird verstärkt versucht, Regelungen und Einigungen zu finden. Spätestens in dieser Phase sollte sich eine für alle Beteiligten machbare Umgangsregelung etabliert haben. Ist dies noch nicht der Fall, dann sollten Sie schnellstens damit aufhören, bei jeder SMS zur Vereinbarung eines neuen Umgangstermins Spitzen gegen den neuen Freund/die neue Freundin des anderen Elternteils loszulassen oder darüber zu jammern, dass Sie verlassen wurden. Sie sollten sich auch verkneifen, die Umgangstermine für nochmalige Annäherungsversuche gegenüber dem Ex-Partner ausnutzen zu wollen. Außerdem könnten Sie den Kindesunterhalt pünktlich zum Fälligkeitstermin zahlen. Sie werden erstaunt sein, wie gut das Umgangsrecht plötzlich funktionieren kann.

 

Wenn Sie ein Einfamilienhaus haben, steht dieses meistens im gemeinsamen Miteigentum und ist noch nicht abgezahlt. Daher wäre nunmehr die Beruhigungsphase für eine Klärung der Eigentumsverhältnisse an dem Haus zu nutzen. Dabei sollte eine spätere Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft auf jeden Fall vermieden werden, da diese für beide Seiten mit wesentlichen finanziellen Verlusten verbunden sein dürfte.

 

Die eleganteste Lösung wäre, dass einer der Ehepartner den hälftigen Eigentumsanteil des anderen unter Auszahlung des entsprechenden anteiligen Verkehrswertes übernimmt und dafür das alleinige Eigentum erhält. Dies funktioniert aber nur, wenn der Übernehmende über ein entsprechendes regelmäßiges Einkommen oder sonstiges Vermögen verfügt und die finanzierende Bank zu einer Haftungsfreistellung bewegt iwerden kann.

 

Sollten Sie noch eine 30 JkU-Finanzierung haben, dann funktioniert diese Variante meistens nicht.

MOMENT MAL: 30 JkU-Finanzierung?

„30 Jahre keinen Urlaub Finanzierung“ das sind die Fälle mit ca. 5 Prozent Zinsen oder mehr und 1 Prozent Tilgung. In diesen Fällen stellt sich oft heraus, dass nach 15 Jahren der Schuldenberg noch fast genauso groß ist wie am Anfang. Dann ist es hilfreich, sich darüber klar zu werden, dass man zwar in dem Haus wohnen durfte aber da eigentlich nur zu Gast war, weil das Haus in Wirklichkeit noch der Bank gehört.

Da hilft es nur noch, das Objekt zum höchsten erzielbaren Preis gemeinsam zu veräußern und den Verkaufserlös nach Abzug der entstandenen Kosten zu teilen oder die nach der Veräußerung verbleibenden Schulden gemeinsam zu tilgen. Im Zuge der Veräußerungsverhandlungen sollte dringend bei der Bank nachgefragt werden, wie hoch die Vorfälligkeitsentschädigung ist, die die Bank für die Ablösung des Immobilienkredits verlangt, damit man weiß, wie hoch der Kaufpreis sein muss, um aus der Sache einigermaßen schuldenfrei wieder rauszukommen.

 

Um diesen Kaufpreis auch zu erzielen, hilft es manchmal mit ganz einfachen Mitteln das Haus noch etwas aufzuhübschen. Es sieht einfach schöner und ansprechender aus mit einem neuen Innenanstrich und gepflegter Außenanlage. Investitionen von einigen 100 € können so durchaus einige 10.000 € im Kaufpreis ausmachen. Da haben letztlich beide was davon.

 

  1. Verfahrensphase, beginnend mit Einreichung der Scheidung

 

Nach Ablauf des Trennungsjahres kann die Scheidung eingereicht werden. Das Gericht stellt diesen Schriftsatz zu und ab diesem Zeitpunkt müssen Sie damit rechnen, dass es emotional nochmal stark belastend wird, weil alte Verletzungen wieder aufbrechen. Scheinbar einvernehmlich erzielte Regelungen werden plötzlich in Frage gestellt.

 

In dieser Phase kommt es besonders auf Gelassenheit und Einfühlungsvermögen an. Denn es bringt gar nichts, sich z. Bsp. sinnlos über die Angaben zum konkreten Trennungsdatum zu ärgern. Dem Gericht ist es völlig egal, ob die Trennung ein paar Tage früher oder später erfolgte und wer daran schuld war. Geprüft wird nur, ob das Trennungsdatum mindestens ein Jahr zurückliegt. Sie sollten sich nicht über Sachen streiten, die unwichtig sind, damit Sie nicht Gefahr laufen, plötzlich Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Umgangsregelung zu bekommen oder Stockungen bei der Unterhaltszahlung.

 

Das Datum der Zustellung des Scheidungsantrags bei der Gegenseite ist der Stichtag für den Zugewinnausgleich. Dieses Datum ist also wichtig, wenn Vermögen vorhanden ist (Bankkonten, Bausparverträge, Geldanlagen jeder Art, Kapitallebensversicherungen, Immobilienvermögen etc.). Spätestens jetzt merken Sie, dass es nicht sinnvoll war, während des Trennungsjahres noch zusätzlich Ersparnisse zu bilden. Sie dürfen Ihr Vermögen nicht verschleudern aber Sie müssen auch nicht jeden Cent zweimal umdrehen, damit Sie dann zum Stichtag auf einem Berg von Geld sitzen und einen höheren Ausgleich zahlen müssen.

 

Beachten Sie, dass alles, was an Scheidungsfolgesachen vor Gericht geklärt werden muss, das Verfahren verteuert, weil durch höhere Streitwerte auch höhere Gerichtskosten und Anwaltsgebühren fällig werden. Außerdem zieht sich dadurch das Verfahren in die Länge und Sie müssen entsprechend länger Trennungsunterhalt zahlen, da dieser erst mit Rechtskraft der Scheidung endet. Nutzen Sie möglichst schon das Trennungsjahr, um die finanziellen Probleme zu klären. Dann ist das Scheidungsverfahren selbst nur noch ein formaler Akt, bei dem von Amts wegen der Versorgungsausgleich, d.h. also die Teilung der während der Ehe erworbenen Rentenansprüche durchgeführt wird. Wirken Sie ordnungsgemäß mit und reichen Sie die Formblätter zum Versorgungsausgleich fristgerecht ein, dann riskieren Sie auch kein Ordnungsgeld zu Gunsten der Staatskasse. Dennoch kann sich die Prüfung des Versorgungsausgleichs fast ein Jahr hinziehen, weil die Träger der Rentenversicherung so lange brauchen, insbesondere dann, wenn die Rentenkonten lückenhaft sind.

 

  1. Gewöhnungsphase während des Scheidungsverfahrens

 

Das Verfahren geht seinen Gang und bis auf die schriftliche Übermittlung der Rentenauskünfte hört man immer seltener etwas von der Mandantschaft. Zunehmend wird das eigene Leben organisiert. Dies ist auch notwendig, denn mit Rechtskraft der Scheidung endet der Anspruch auf Trennungsunterhalt. Ehegattenunterhalt für den Zeitraum nach der Scheidung wird nach dem neuen Unterhaltsrecht nur noch äußerst selten ausgeurteilt. Wer also dann noch nicht wieder berufstätig ist, der hat ein echtes Problem.

 

Der Scheidungstermin selbst ist oft nur noch ein formaler Akt, bei dem beide Eheleute mündlich angehört werden. Das hört sich gefährlich an, ist es aber nicht, denn den Richter interessiert nur, ob das Trennungsjahr eingehalten wurde und ob der Scheidungsentschluss fest steht. Die Verhandlung ist nichtöffentlich, läuft also keinesfalls so ab, wie in einschlägigen Fernsehsendungen dargestellt.

Der schlimmste Fehler, den sie jetzt noch begehen können, ist bei der Frage, ob sie wirklich geschieden werden wollen, unsicher zu wirken oder einen Weinkrampf zu kriegen. Denn dann fühlt sich der Richter berufen, eine Ehe zu retten. Wenn Sie sich auf eine Aussetzung des Verfahrens einlassen, damit Sie nochmal darüber nachdenken können, dann wird es erst recht peinlich, eine Fortsetzung des Verfahrens zu beantragen. Eine Aussöhnung kommt zu diesem Zeitpunkt einfach mal nicht mehr vor. Dazu hatten Sie schließlich lange genug Zeit.

 


 

Die Autorin, Frau Rechtsanwältin Dr. Cornelia Grüner, spricht aus langjähriger Erfahrung als Scheidungsanwältin in Leipzig. Nähere Informationen zu ihrer Kanzlei und zu der dort angebotenen Online-Scheidung finden Sie unter: www.kanzlei-gruener.com